Aktuelle Ausgabe

Editorial
1/2023
Die Familie ist den meisten Menschen sehr wichtig. Manchmal ist sie so wichtig, dass das Verhalten der Menschen skurril bis gefährlich wird. Bar jeder Logik werden dann die eigenen Sprösslinge mit dem SUV in die Schule gekarrt, am besten fast bis in den Klassenraum. Dass sie dadurch gefährdet werden, wenn die anderen Eltern es ebenso handhaben, wird aus der egoistischen Perspektive heraus nicht gesehen.
Im Schuldorf Bergstraße in Seeheim-Jugenheim hat dieses Verhalten einen traurigen Höhepunkt erreicht - auch durch das indifferente bis ignorante Verhalten der politisch Verantwortlichen (S. 9).
Durch gute Radverkehrsanlagen könnten Schülerinnen und Schüler auch mit dem Rad sicher zur Schule kommen, was ihrer Gesundheit und den Mitmenschen zugute käme. Warum es so lange dauert, bis Radlerinnen und Radler solche Wege bekommen, haben wir zwei Personen von Hessen Mobil gefragt, die Expertin bzw. Experte auf dem Gebiet der Fahrradinfrastruktur sind (S. 3). Hessen hat hier noch erheblichen Aufholbedarf. Dies hat die Landesversammlung des ADFC Hessen zum Anlass genommen, auf der Jahresversammlung 2023 unter anderem auch Forderungen an die Landesregierung zu beschließen, die den Ausbau beschleunigen sollen (S. 5).
In Kommunen, die den Radverkehr ernst nehmen, zeigen sich schon leichte Verbesserungen. Das hat der ADFC in seinem Fahrradklimatest 2022 feststellen können. An dieser Umfrage haben sich mehr Menschen beteiligt als die Jahre zuvor (S. 6).
Eigentlich sollte ja das Volksbegehren zur Verkehrswende Hessen den Durchbruch für eine nachhaltige Mobilität bringen. Die Landesregierung hat aber das Volksbegehren aus formalen Gründen abgelehnt und nicht erkennen lassen, dass sie sich von diesem Votum irgendwie beeindrucken lässt. Was die Aktion Verkehrswende Hessen jetzt machen will, lesen Sie auf Seite 8.
Der Odenwaldkreis hat sich jedenfalls auf den Weg gemacht und ein Radverkehrskonzept entwickelt. Als erste Konsequenz wurden unter anderem Gelder bereitgestellt und Verkehrsversuche zugelassen. Ob damit alles gut wird, wird man sehen (S. 10).
In der Freizeit baut das Fahrrad seinen Stellenwert immer mehr aus. Sportliche Kinder und Jugendliche können sich auf dem neu gestalteten Pumptrack in Bickenbach austoben (S. 11). Wie man als interessierte Mutter plötzlich ADFC TourGuide wird und das ADFC-Tourenprogramm um Familienradtouren bereichert, kann man auf Seite 12 lesen. Das Thema TourGuide hat die Emotionen in den Kreisen der Aktiven hoch schlagen lassen. Der Artikel auf Seite 14 soll ein wenig zur Versachlichung beitragen.
Auch Menschen mit stark eingeschränktem Sehen möchten sich gerne bewegen und Rad fahren. Auf dem Tandem ist das möglich; dort können sie das Radfahren wieder genießen. Wie das geht, zeigt die Tandemgruppe des VSG Darmstadt 1949 e.V. auf Seite 13.
Der ADFC lebt als gemeinnütziger Verein von seinen Mitgliedern - vor allem von seinen aktiven Mitgliedern. Unsere Wirkung und unser Angebot sind davon abhängig, wie viele Menschen bereit sind, mehr oder minder große Dinge für den Verein zu tun. Welche Aufgaben beim ADFC Darmstadt-Dieburg vor allem "Betreuung" brauchen, haben wir auf Seite 16 in Form einer "Stellenausschreibung" formuliert.
In den letzten Jahren hat der Anteil an Frauen bei den Aktiven stark zugenommen. Emanzipierte und aktive Frauen wie diese haben auch vor mehr als einem Jahrhundert schon gegen die Widerstände der männlich dominierten Gesellschaft das Radfahren für sich "erkämpft" (S. 17).
Ohne Fahrradhändler wären wir Radfahrerinnen und Radfahrer heutzutage wohl aufgeschmissen. Das Fahrrad ist mittlerweile – auch Dank der Elektrifizierung – ein hochtechnisches Produkt, das Erklärung und Expertise braucht. Unser Portrait des etablierten Fahrradgeschäfts "Zweiradshop Niederhofer" schaut hinter die Kulissen (S. 18).
Unsere Freundinnen und Freunde vom VCD Darmstadt haben sich diesmal das übergreifende Thema menschenfreundlicher Verkehr und Gemeinschaft auf die Fahnen geschrieben. Diese zwei Eigenschaften sind eine gute Grundlage für eine Verkehrswende für den Menschen, um die seelenlose Motorisierungsmaschinerie mit einem "jeder gegen jeden" auf den Müll der Geschichte zu werfen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihrer Familie und uns allen eine unfallfreie Zukunft mit weniger Stress im Verkehr, Ihr
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